Submitted by admin on Fri, 09/02/2016 - 22:12

Die Antwort heisst galledia

Die Antwort heisst galledia

Druckunternehmen stehen unter gewaltigem Kostendruck. Gleichzeitig müssen sie hohe Investitionen stemmen, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Darauf reagieren Druckereien, indem sie Jointventures gründen. So auch die rdv und die dfmedia mit der neuen gemeinsamen Tochter galledia ag. Stadt und Kanton St. Gallen stehen dieses Jahr ganz im Zeichen des Gallusjubiläums. 612, also vor 1400 Jahren, hatte sich der heilige Gallus in der heutigen Ostschweiz niedergelassen und damit die Keimzelle der heutigen Besiedlung gelegt. Pünktlich zu den Feierlichkeiten flatterte Ende November 2011 die Meldung in die Redaktionen, dass die beiden Ostschweizer Medienunternehmen Druckerei Flawil AG (dfmedia) und Rheintaler Druckerei und Verlag AG (rdv) eine neue gemeinsame Toachterfirma gründen. Welcher Name könnte da passender sein für das neue Unternehmen als galledia ag. Sie ist seit dem 1. Januar 2012 operativ tätig. Das neue Unternehmen wird von René Wuffli, dem bisherigen Geschäftsführer der rdv, als Verwaltungsratspräsident, und Pascal Schwarz, vormals Geschäftsführer der dfmedia, als CEO geführt. Es beschäftigt rund 230 Mitarbeitende, davon 30 Lernende, und erzielt einen (budgetierten) Umsatz von rund 42 Millionen Franken. Die drei Tageszeitungen «Wiler Zeitung», «Der Rheintaler» und «Rheintalische Volkszeitung» verbleiben in den jeweiligen Stammhäusern dfmedia und rdv. Die beiden Mutterhäuser, beide zu je 50% an der galledia ag beteiligt, bringen ihre operativen Unternehmenseinheiten Druck, Fachverlage und Online in eine neue Tochtergesellschaft ein. «viscom print & communication» wollte vom Geschäftsführer Pascal Schwarz wissen, wohin die Reise gehen soll und wie die gemeinsame Zukunft denn eigentlich aussehen soll.  

 

Wieso sich genau die rdv und die dfmedia gefunden haben, müsste man wohl den Verwaltungsrat fragen. Aber ist es richtig, dass man eher von einer Zweckgemeinschaft als von einer Liebeshochzeit sprechen kann?

Pascal Schwarz: Die rdv wie auch die dfmedia sind erfolgreiche Unternehmen. Die dfmedia durfte 2011 das beste Geschäftsjahr in ihrer Geschichte verbuchen. Die rdv ist seit Jahren sehr gut unterwegs und hat immer überdurchschnittlich gute Ergebnisse ausgewiesen. Es waren also nicht die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen, die uns zu diesem Jointventure bewogen. Beide Unternehmen denken jedoch an die Zukunft, wollen diese proaktiv angehen und beobachten sehr genau, wie sich der Markt entwickelt.

 

Welche Szenarien, Chancen und Gefahren sehen Sie?

Wir haben vor allem die Chancen gesehen. Die Investitionen in die schwere Technik sind bekanntlich sehr hoch. Wir müssen also, wie der Rest der Branche auch, rationalisieren und unsere Kosten so tief wie möglich halten. Jede Druckerei hat zu hohe Kapazitäten. Die braucht sie auch, will sie flexibel bleiben. Gemeinsam können wir mit weniger schwerer Technik und weniger Raumbedarf dasselbe Volumen und noch mehr produzieren.

 

Die Synergien im Produktionsbereich waren also der Haupttreiber?

Genau. Aber lassen Sie uns nicht nur über den Druck reden; wir sind ein Medienhaus und nicht ausschliesslich eine Druckerei. Es gibt auch beträchtliche Synergien im Verlagsbereich. 36% des budgetieren Umsatzes 2012 generieren wir, die galledia ag, im Fachverlagsbereich. (Anm. der Red.: Für 2012 budgetierte die galledia ag einen kumulierten Umsatzvon rund 42 Millionen Franken. Im Bereich Fachverlage geht man also von einem Umsatz von knapp 16 Millionen Franken aus).

 

Nochmals: Am Ende geht es doch um Synergiepotenzial, Kostenoptimierung, Verschlankung…

Ja, wie bereits erwähnt, sind wir der Überzeugung, dass in unserer Branche inskünftig nur sehr schlank aufgestellte Unternehmen überleben können. Nicht dass rdv oder dfmedia dies bis jetzt nicht waren. Aber die tiefen Preise aus dem EU-Raum bringen eine neue Dimension des Wettbewerbs in unsere Branche und die spüren wir auch. Diesen und weitere Punkte bewogen beide Unternehmen nach detaillierter Abklärung zu einem aktiven Handeln. Momentan sind wir mit der Drucktechnik noch an zwei Standorten, das soll aber baldmöglichst ändern. dfmedia wie auch rdv können dadurch zusammen als galledia ag das durchschnittliche Investitionsvolumen pro Jahr um über 30% senken. Wir werden künftig auf einem kleineren Maschinenpark dasselbe Volumen produzieren können und bleiben dabei trotzdem äusserst flexibel. Bleiben wir bei den Investitionen: Auch auf Verlagsseite werden diese in den kommenden Jahren nicht kleiner. Einerseits möchten wir dieses Geschäft weiter ausbauen, andererseits gehen wir davon aus, dass wir bei den bestehenden Titeln in neue Kanäle investieren müssen.

 

Noch ist die galledia ag aber vor allem ein juristisches Gefäss. Wie sehen die Strukturen aus?

Die galledia ag ist seit dem 1. Januar 2012 operativ unterwegs, also durchaus kein juristisches Gebilde mehr. Anderseits existieren die rdv und die dfmedia nach wie vor. Die dfmedia besitzt zu 100% die Wiler Zeitungs AG. Das wird auch so bleiben und hat mit der galledia ag nichts zu tun. Nun ist die dfmedia zu 50% an der galledia ag beteiligt. Die rdv wiederum ist ebenfalls mit 50% an der galledia ag beteiligt. Weiter ist die rdv zu 82% an der Rheintaler Verlag AG («Die Rheintalische Volkszeitung » und «Der Rheintaler») in Berneck beteiligt. Die anderen 18% hält die Altstätter rva Druck und Medien AG. Unter dem Dach der neuen galledia ag sind neu fünf 100%-Tochterunternehmen organisiert: die galledia frauenfeld ag (ehemaliger Huber & Co. AG Fachverlag), die galledia verlag ag (vorher Verlag Organisator AG), die MotorMedia GmbH, die Zürcher MediaSec AG, die wie die Verlag Organisator AG bis anhin eine 100%-Tochter der rdv war, und die agentur perform ag, Oberuzwil. rdv und dfmedia haben in der galledia ag also wie bereits erwähnt die Geschäftsbereiche Druck, Fachverlage und Online zusammengeführt. Auf Flawiler Seite werden die Online-Aktivitäten, die bisher in der dfonline ag integriert waren, vollumfänglich in die galledia ag eingebracht. Der Verwaltungsrat der galledia ag setzt sich folgendermassen zusammen: René Wuffli (VRPräsident galledia ag, VR-Delegierter und Geschäftsleiter rdv), Christoph Rohner, und Bruno Baumgartner auf Seite rdv. Auf Seite dfmedia haben Adrian Rüesch, Peter Weigelt und Stefan Scheiber Einsitz in den Verwaltungsrat der galledia ag genommen.

 

Im Moment ist die galledia ag an insgesamt acht Standorten aktiv. Wie lange noch?

Der jüngste Zugang im Verlagsbereich, das Magazin «Immobilien Business», das im Februar gekauft und in die galledia verlag ag integriert wurde, bleibt in Zürich. Damit ist die galledia ag im Raum Zürich mit mehr als 30 Mitarbeitenden an verschiedenen Standorten präsent: Dazu gehören die galledia verlag ag am Standort Zürich, die MotorMedia GmbH, die Media Sec AG und die Redaktion von «marketing & kommunikation». Hier wird sich vorerst nichts ändern, es ist jedoch geplant, mittelfristig in Zürich alle Organisationen an einem Standort zusammenzuziehen. Momentan geht es vor allem um den Entscheid bezüglich Standort für die schwere Technik. Die werden wir entweder in Flawil oder in Berneck konzentrieren. Unser Konzept sieht aber vor, weiterhin in Flawil sowie in Berneckpräsent zu sein. Aussen- und Innendienst sowie Druckvorstufe bleiben an ihren bisherigen Standorten und bearbeiten nicht zuletzt auch die regionalen Märkte. Plattenherstellung, Druck, Weiterverarbeitung und Versand hingegen werden an einem Standort zusammengenommen. Dieser Umzug soll bis spätestens Ende 2013 abgeschlossen sein. Welcher Standort es sein wird, werden wir im Juni des laufenden Jahres kommunizieren. Ich kann aber bereits jetzt sagen, dass wir eine der bestehenden Produktionsräumlichkeiten weiter nutzen werden. Die rdv wie auch die dfmedia haben moderne, zweckgemässe Liegenschaften mit Möglichkeiten, räumlich zu wachsen; Landreserven auf beiden Seiten würden grundsätzlich auch einen Ausbau der Produktionsräume erlauben.

 

In den von Ihnen erwähnten betroffenen Bereichen dürfte die Unsicherheit gross sein, müssen die Mitarbeiter doch inskünftig in Berneck oder eben in Flawil arbeiten.

Meiner Meinung nach ist es völlig normal und auch nachvollziehbar, dass Mitarbeitende in den betroffenen Abteilungen verunsichert sind. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Früher und in ländlicheren Gebieten teilweise auch noch heute war man einen kurzen Arbeitsweg gewohnt. In den letzten Jahren hat sich dies jedoch verändert, und in Zukunft wird sich das noch mehr verändern. Es wird mehr gependelt, die Arbeitswege nehmen zu. Mir ist das völlig bewusst, im Gegenzug können wir künftig jedoch äusserst interessante und moderne Arbeitsplätze bieten.

 

Werden Sie Personal abbauen?

Jedes Jointventure hat mitunter das Ziel, Synergien zu nutzen, also Kosten einzusparen. Wir denken, den Abbau von 12 bis 14 Arbeitsplätzen möglichst mit natürlichen Abgängen abfedern zu können. Dabei kommt uns der relativ lange Vorlauf entgegen, den wir haben. Einen Arbeitsplatzabbau wird es hauptsächlich im Bereich der schweren Technik geben, wo wir künftig weniger Maschinen einsetzen werden. Der erwähnte Stellenabbau bezieht sich auf eine positive Geschäftsentwicklung, welche wir im ersten Quartal 2012 bestätigen können. Wir sind gut unterwegs. Aber wie gesagt: Mit natürlichen Fluktuationen und evtl. auch vorzeitigen Pensionierungen werden wir sehr viel abfedern können.

 

Wie bringen Sie die Mitarbeiter an den beiden Standorten dazu, galledianischzu denken?

Wer 10 bis 20 Jahre für ein Unternehmen gearbeitet hat, kann nicht von heute auf morgen einfach umgepolt werden. Sie können nicht erwarten, dass alle Mitarbeitenden sofort galledianisch denken und handeln. Es braucht Geduld und die nötige Portion Grosszügigkeit. In solch grossen Projekten werden viele rationale Entscheide gefällt, die schnell und ohne Wenn und Aber umgesetzt werden müssen. Doch will man längerfristig Erfolg haben, muss das Thema «Bauchebene » sehr ernst genommen werden. Dies, indem man beispielsweise die Anliegen der Belegschaft sehr ernst nimmt. Eine ehrliche und offene Kommunikation ist die Grundvoraussetzung, um das nötige Vertrauen der Mitarbeitenden zu erlangen. Typisch bei solchen Fusionen ist die Kundenverteilung. Ein schöner Nebeneffekt für galledia ist die Tatsache, dass im Drucksachengeschäft so gut wie keine Dubletten vorhanden waren. Hinzu kommt, dass wir die bewährten Gespanne im Aussen- und Innendienst nicht trennen werden. Diese operieren weiterhin von ihren jeweiligen Standorten aus. Wir arbeiten intensiv daran, mittels Workshops, Informations- und Mitarbeiteranlässen, galledianisch zu werden. Auf Flawiler Seite konnten in dieser Hinsicht bereits Erfahrungen gesammelt werden, als man 2007 von der Huber & Co. in Frauenfeld 50 Mitarbeitende übernahm. Bereits da wurde viel in die Integration investiert.

 

Wo werden denn Sie Ihr Büro haben?

Das weiss ich noch nicht. Ich muss dort arbeiten, wo es dem Erfolg und der Zukunft der Firma dient. Diese Einstellung, so hoffe ich, wird auch auf unsere Teams abfärben. Man darf nie vergessen, dass die emotionale Ebene genauso wichtig ist wie die Sachebene, wenn nicht noch wichtiger. Sie können auf strategischer Ebene die tollsten Pläne schmieden, wenn die Leute nicht mitziehen, ist alles Makulatur.   Das Interview erschien im viscom print & communication Nr. 10, 22. Mai 2012